Eine Stadt besteht nicht nur aus Steinen und Holz, Beton und Glas, sondern auch aus den Ideen, die an den Stoffen haften. Wenngleich die Häuser massiv und dauerhaft sind, so ist doch das Wesentliche der Architektur etwas Geistiges und Veränderliches.
Dieses Immaterielle ist in den Formen alles Gegenständlichen enthalten. Wir können diese zu Stein gewordenen Verhältnisse lesen und interpretieren. Also leben wir nicht nur in stofflich definierten Räumen, sondern auch inmitten von Ideen, die an den Formen haften. Zum ästhetischen Gelingen sollte gehören, dass Architektur nicht nur Proportionen habe, sondern auch ausdrucksvoll und „geistvoll“ sei. Heute wird viel gebaut und leider wenig Aufwand in die kulturellen, historischen, sozialen und ästhetischen Konzepte investiert. Es gibt eine ungeheuer effektive Bauproduktion, doch kein adäquates Niveau der Baukultur. Man kann vielleicht sagen, dass in der Geschichte der Architektur pro Kubikmeter umbauten Raums oder verbrauchten Stoffes noch nie so wenig Ideen und Sinnlichkeit eingebracht wurden wie heute.
Noch nie waren die ästhetischen Entscheidungen der Architektenso isoliert, fremdbestimmt und marginalisiert wie im heutigen Massenbau. Noch nie – so soll die Beschimpfung enden – war der Baustoff so geistlos wie heute.
Was heißt es nun, das Bauhaus neu zu denken? Ist der rechte Winkel und der weiße Kubus das Gegenteil von Bauhaus? Ist eine Lehmwand nur Nostalgie, wenn sie, außer Lehm und Stroh, nichts anderes enthält?
Wie kann man das Geistige in daswillige, oft charakterlose Material hineinschmuggeln, ohne dass es auffällt? Wo fängt die Form an zu plappern, ohne den Inhalt der Architektur auszubreiten? Ist Geistiges immer an Innovation gebunden? Ist Geistiges immer an Subjekte gebunden? Ist es unsere Erfahrung oder unsere Imagination? Erwächst es aus der Schwere oder erwächst es eher dem Theatralischem? Ist eine ökologische Klospülung sinnvoll oder schon geistvoll? Muss Denken in einer Reihe von Parametern gleichzeitig Erfindung sein, um Architektur zu werden? Wie können sich Planungsprozesse mit Entropie anreichern? Gelingt es mit partizipatorischen Elementen das ästhetische Normativ zu durchlöchern? Wie lässt sich kollektiv
interagieren, wie kann das kreative Potential des Dilettantismus aktiviert werden? Wie können Künstler, Designer und Quereinsteiger wechselseitig Form fabrizieren? Wie eng, wie weit kann der Abstand zwischen Form und Funktion sein? Darf man Langeweile in Architektur beschränken, oder wird deren Kraft nur noch bedacht?
Der Bau ist als praktische Funktion und Anschauung auch ein Brennglas und Zentrum, das Kultur akkumuliert. Was spricht Avantgarde heute aus?